Wenn ihr uns so fragt. Illustration einer Frau umgeben von abstrakter Natur. Die obere hälfte ihres Kopfes ist von dieser Natur bedeckt.

Wenn ihr uns so fragt

Hallo! Wir sind Helen (27) und Jens (28). Wir besuchen gerade das Move College (ehemals Momentum College) in Wiesbaden, eine zehnmonatige Jüngerschaftsschule mit Schwerpunkt Leiterschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Kreativität. Wir entschieden uns für das College, um unsere Beziehung zu Jesus und, bevor wir im Sommer heiraten, die Beziehung zueinander zu vertiefen. Zur Hingabe haben wir uns einige Fragen gestellt und lassen euch gerne daran teilhaben.

Was bedeutet Hingabe für dich?

Helen: Unter Hingabe verstehe ich, dass ich mich von ganzem Herzen, mit Leib und Seele, mit meinen Gaben, Ressourcen und meiner Zeit für etwas/jemanden entscheide. Hingabe ist zum einen passiv, denn ich lasse los, gebe die Kontrolle ab, zeige mich verletzlich, vertraue mich ganz an und lasse mich formen. Hingabe ist aber auch aktiv, denn ich entscheide mich für etwas, ich wage den Schritt aufs Wasser, in die Ungewissheit, und bin manchmal nur vom Vertrauen getragen.
Hingabe bedeutet im Kern Vertrauen bzw. Glauben, denn ich vertraue der Vision und Gott, der den Weg schon kennt. Es kommt vor, dass mein Glaube nicht reicht, dann bin ich getragen durch den Glauben meines Partners, meiner Freunde oder meiner Familie. Hingabe bedeutet für mich, Spannungen auszuhalten. Einen Weg weiterzugehen, auch wenn er zwischenzeitlich schwer ist. Hingabe bedeutet Klarheit, Richtung und Vision, denn ich entscheide mich dazu, etwas zu priorisieren, weil es mir das wert ist. Dadurch bin ich in der Lage, im Moment zu leben, kreise nicht nur um mich selbst, sondern kenne mein Ziel.
Jens: Sich hingeben heißt für mich, mich ganz einer Aufgabe, einem Menschen/einer Gruppe oder einer Zeit zu verschreiben. Wenn ich hingegeben leben möchte, muss ich mich fokussieren und in dem Moment bleiben. Das gilt auch, wenn ich einen Moment der Innigkeit mit Gott erleben möchte.
Es bedeutet für mich, nichts von meiner Zeit, meinen Ressourcen oder Begabungen zurückzuhalten. Es ist die höchste Kunst, sich ganz von der Liebe Gottes und seiner Liebe zu allen Menschen leiten zu lassen. Das ist herausfordernd, in manchen Momenten fühlt es sich überfordernd an. Aber Gott als die Quelle der Hingabe möchte immer wieder durch mich wirken.

Was sind Vorbilder der Hingabe für dich?

Helen: Das wohl vollkommenste Vorbild der perfekten Hingabe ist Jesus, der sein Leben hingegeben hat, weil wir Menschen, weil ich es ihm wert sind. Das volle Ausmaß dieser göttlichen Hingabe habe ich nur in Teilen begriffen und selbst das überwältigt mich immer wieder.

Vorbilder der Hingabe sind außerdem Menschen, denen ihre Berufung wichtiger ist als ihre Bequemlichkeit. Die sich sowohl ihrer ersten Berufung, nämlich Kinder Gottes zu sein, als auch ihren jeweiligen Aufgaben ganz hingeben. Mir fällt meine Freundin in Costa Rica ein, die von Jugend an missionarisch aktiv ist. Ich denke an meine Eltern, die sich so ganz in Aufgaben oder Projekte hineingeben können und sie mit ganzem Herzen und voller Leidenschaft ausfüllen. Ich denke an Pastoren, Autoren, Leiter und Musiker, die durch ihre Tätigkeit Menschen inspirieren und das Reich Gottes lebendig werden lassen. Nicht zuletzt sind auch Kinder für mich große Vorbilder der Hingabe. Die Art und Weise, wie sie den Moment erleben, wie sie unbekümmert Fragen stellen, ihren Emotionen Raum geben, sich zumuten und vertrauen, wirkt auf mich immer wieder sehr erdend.

Jens: Mich inspirieren geistliche Vorbilder wie Johannes Hartl oder Tobias Teichen und Pastoren aus meinem Wiesbadener Umfeld. Gemeinsam haben sie, dass sie bereit sind, ihr Herz zu zeigen – und ich habe das Gefühl, dass sich ihre gelaufenen Extrameter unbedingt lohnen; schließlich müssten sie nicht so hingegeben leben und könnten es sich auch bequemer machen. Sie leben aus Freude an Gott so hingegeben. Es wirkt, als habe Gott ihr Herz so sehr entflammt, dass sie nicht mehr darüber nachdenken müssen, was Hingabe heißt, sondern sie haben eine natürliche Herzenshaltung.
Ein Vorbild der Hingabe ist für mich auch ein aus Pakistan geflüchteter christlicher Freund. Er hat seine Heimat verloren, weil er in Pakistan seine Heimat ganz bei Jesus gefunden hatte. Jetzt lebt er in Deutschland wie ein Beschenkter und nutzt seine Freiheit hier, um anderen zu dienen und sie zu Jesus zu führen.
Zuletzt habe ich auch viel Hingabe in Anbetungsliedern erlebt. Es begeistert mich, wenn Sängerinnen und Sänger sich ganz von Gott vereinnahmen lassen und damit andere näher an Jesu Herz führen.

Wie erlebst du dieses Thema in deinem Alltag?

Helen: Der Schritt, das Move-College zu besuchen, war und ist für mich ein Schritt der Hingabe. Schon finanziell ist es ein Wagnis, denn neben dem College sind maximal 1,5 Tage Arbeiten möglich. Auch geistlich fordert es mich heraus, offen für Neues zu sein, Gottes Wirken auf eine Art und Weise zu erleben, wie ich es vorher noch nicht kannte. Im Sommer werden Jens und ich heiraten. Das ist großartig! Alle verheirateten Paare stimmen mir sicher zu, dass dies auch ein Wagnis, ein Akt der Hingabe und ein Schritt aufs Wasser ist.

Jens: Die Jüngerschaftsschule fördert uns auf unserem Weg zu einer neuen Reife im Glauben. Sie fordert uns heraus, unsere Aufgaben oder Dienste mit großer Ernsthaftigkeit und Präzision zu absolvieren. Kirche und Reich Gottes sollen das erste unserer Kraft und Bemühungen geschenkt bekommen und nicht das letzte. Hingegeben zu sein heißt hier, nicht hektisch oder unruhig zu werden, wenn wir Neuland betreten oder herausgefordert werden. Bleiben, wo Dinge anders sind, erstmal versuchen, richtig hinzuhören und hinzuspüren. Darauf vertrauen, dass Gott ja schon längst Bescheid weiß und da ist. Vertrauen, dass Gott immer in Kontrolle ist.

Kostet Hingabe etwas?

Helen: Ja, sie kostet Vertrauen. Indem ich mich für einen Weg entscheide, entscheide ich mich gleichzeitig gegen viele andere mögliche Wege. Es gibt Zeiten, da ist der Weg der Hingabe nicht der bequemere, sondern eher der herausfordernde. Und wenn es dann schwierig wird, kostet es mich viel Kraft, an diesem Weg festzuhalten, die Vision nicht aus den Augen zu verlieren.
Gelegentlich tue ich mich schwer damit, mich ganz der Liebe Gottes hinzugeben. Meine perfektionistischen und ergebnisorientierten Tendenzen versuchen mir einzureden, dass mein Wert von meiner Leistung abhängig ist. Es kostet mich Mut, Kraft und Klarheit, dies zu erkennen und die Prioritäten wieder richtig zu setzen. Denn Gottes Hingabe für mich steht am Anfang und über allem. Das sollte mein Ausgangspunkt sein und nur aus dieser Perspektive kann ich das Leben fruchtbringend anpacken.

Jens: Hingabe heißt, zu anderen Optionen Nein zu sagen. Ich kann nicht gleichzeitig private Nachrichten am Handy lesen und dann erwarten, dass der Bibeltext auf dem Smartphone mein Herz berührt. Gott kann alles tun, aber ich halte den Faktor der Ablenkung hier für groß. Manchmal ist es auch mein stures Herz, das mir im Weg steht. Ich möchte mich einer speziellen Aufgabe nicht ausgedehnt hingeben. Ich möchte sie oberflächlicher und schneller erledigen.
Manchmal ist es meine mangelnde Großzügigkeit. Das College erfordert zum Beispiel stark die Nutzung meines Autos, was mir nicht ganz leicht fällt.

Lohnt sich Hingabe?

Helen: Ja! Sie ermöglicht z. B. echte, tiefe Beziehungen. Wenn ich Hingabe vermeide, verpasse ich viel. Das Leben ist zu wertvoll, um halbherzig alles und doch nichts zu tun. Durch Hingabe können wir Räume schaffen, in denen Gottes Wirken immer wieder neu offenbar wird. Indem ich mich z. B. bewusst für das College entschieden hatte, mich somit in eine Phase hineingab, in der ich nicht alles absehen konnte und wo ich mich aktiv mit anderen theologischen Schwerpunkten auseinandersetzen musste, konnte ich Gott ganz neu erleben.
Mein Fazit zur Hingabe? Sie ermöglicht das echte, wahre, tiefe Leben in all seiner Vielschichtigkeit.

Jens: Hingabe verstehe ich als meine Antwort auf die Errettung durch Jesus. Meine Hingabe wird diese Welt nicht retten, aber sie kann einen Unterschied machen.
Hingabe lohnt sich, weil sie meinem Leben einen höheren Sinn gibt. Ich lebe nicht in erster Linie, damit ich glücklich bin, sondern ich bin glücklich, wenn ich an der richtigen Stelle hingegeben lebe. Mein Kreuz auf mich nehmen hat viel mit Hingabe zu tun. Denn Hingabe kostet mich etwas. Jesus sagt, wenn ich mein Leben um seinetwillen verliere, dann werde ich es gewinnen.
Der Lohn für meine Hingabe ist also das wahre Leben; ein sinnerfülltes Leben hier auf Erden. Noch dazu spricht Jesus von Schätzen im Himmel. Der Lohn für unsere Liebe und Hingabe ist ein Schatz im Himmel. Die Liebe zu meinen Mitmenschen wird vielleicht die einzige Währung sein, die im Himmel nicht ihre Gültigkeit verliert (vgl. Irmela Hofmann). Wenn auch die irdische Liebe und Hingabe nur ein Schatten der Herrlichkeit Gottes ist, dann ehre ich Gott mit der Pflege dieses Schattens.

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