Goldprägung
Ikone.
Ich erlebe Ikonen als kraftvolle Bilder, die mir bis heute Trost, Führung und Inspiration spenden. Unter Anleitung einer rumänisch-orthodoxen Ikonenschreiberin durfte ich selbst vier Ikonen schreiben. Die Meisterin erklärte zu Beginn, dass jede Ikone wie ein Fenster sei, das sich gegen den Himmel zu öffnet; das Bild, das wir darauf gemalt sehen, sei eine Wirklichkeit von oben, die uns helfe, uns dem Himmel zuzuneigen und unserem Leben die Richtung anzugeben.
Das Gebet vor einer Ikone ist bis heute wesentlicher Bestandteil meines geistlichen Lebens. Meine erste selbst geschriebene Marien-Ikone bildet das Zentrum meiner häuslichen Gebetsecke und hilft mir, meinen Geist zu Gott zu erheben. Außerdem schult sie meinen Blick für die Realität der unsichtbaren Welt. Selbst wenn es nur ein winziger Bruchteil ist, den ich durch das Fenster dieser Ikone erhasche, erscheint mir danach diese Erde oft klein, mittelmäßig und armselig. Das möchte ich keineswegs als Lebensverneinung verstanden wissen, sondern als Ausdruck meines tiefen Wunsches nach Erfüllung der Sehnsucht nach ewigem Glück. John Henry Newman (1801-1890) weist auf einen Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung der himmlischen Wirklichkeit und gelingender Lebensgestaltung hin: „Die allein sind im Stande, wahrhaft die Welt zu genießen, die mit der unsichtbaren Welt beginnen.“ Die Früchte, die daraus in meinem Leben erwachsen sind, sind sehr konkret: tiefere Überzeugung, festere Entscheidung, größere Treue und unzerstörbare Hoffnung.
Rudolf M.J. Böhm
Ton in Ton.
Einmal im Jahr fahren wir auf „Retraite“ mit unserem Jahresteam. Klassischerweise schön getrennt: Die Männer auf Action-Retraite mit Männerthemen. Wir Frauen igeln uns für eine knappe Woche in Schwebda ein, einem kleinen Ort im äußersten Zipfel von Hessen, an dem man garantiert seine Ruhe hat. Außer dass wir es genießen, richtig viel Zeit miteinander zu haben, zu kochen, zu reden und viel zu lachen, beschäftigen wir uns sehr intensiv mit einer Jesusgeschichte. Am liebsten mit einer, in der Jesus mit einer Frau umgeht. „Die Heilung der gekrümmten Frau“ aus Lukas 13 ist so eine. Es sind nur ein paar Verse, aber die haben es in sich. In den langen morgendlichen Stille-Zeiten ist viel Raum, eigenen Verkrümmungen auf die Spur und damit unter den Blick von Jesus zu kommen. Besonders fühlbar wird das, wenn wir einen großen Klumpen Ton nehmen, und die Frau und Jesus aus dem Klumpen herausarbeiten. Stück für Stück. Immer am Abgleichen, Formen, Zueinander-Stellen. Wie ist die Haltung der Frau? Ist das stimmig? Nicht nur anatomisch, auch im Abgleich mit mir selbst. Entspricht mir das? Und wie steht Jesus zu ihr? Wo steht er? Wie nah ist er? Wie schaut er? Berührt er sie? Berührt er mich? Es ist immer wieder wunderschön zu sehen, wie wir diese Skulptur herausarbeiten, ausdrücken, objektivieren, von außen anschauen, und wie im Ausdruck etwas zurückschwingt und noch wahrnehmbarer wird für unser Inneres. So zugewandt und liebevoll schaut Jesus die Frau an. So sieht er auch mich an.
Hanna Epting
Schönheit.
Für mich ist Schönheit überlebenswichtig. Ohne sie wäre mein Alltag trostlos und traurig. Glücklicherweise ist mein Leben voll schöner Dinge: die Ansicht einer schönen Einrichtung, ein tolles Buchcover, die Frisur meiner Tochter, ein Bild aus einer Zeitschrift, ein Designtipp, um nur einige zu nennen. Ich gestalte mein Leben rund um schöne Dinge und ziehe geradezu Energie aus ihrem Anblick. Das können auch kleine Dinge sein, oder Sachen, an denen nur ich mich erfreue und die andere gar nicht nachempfinden können. Schon als Kind habe ich mir Papierschnipsel aufgehoben, auf denen ein Wort besonders schön geschrieben war.
Manchmal frage ich mich, ob mir Schönheit zu wichtig ist?! Wahrscheinlich nimmt sie ab und zu einen zu großen Raum in meinem Leben ein. Aber da Gott die vollkommene Schönheit ist und von Ihm alles Schöne kommt, versuche ich dann, meinen Blick von den schönen Dingen auf den Schöpfer zu richten, mich an Seinem Anblick zu erfreuen, in dem alles Schöne vereint ist und der mit Sicherheit das schönste Werk für mich vollbracht hat.
Judith Heymann
Das A und O.
Im vergangenen Jahr war ich in Barcelona, um die Basilika Sagrada Familia zu besuchen. Ich finde sie bei jedem Besuch wieder sehr überwältigend.
Dieses Mal habe ich ein sehr unscheinbar wirkendes Symbol entdeckt, ein Relief, relativ klein im Vergleich zu den anderen monumentalen Darstellungen, aber an einer prominenten Stelle. Genau in der Mitte vom Westportal, dem Passionsportal, auf dem der Leidensweg Jesu dargestellt wird, ist ein Alpha und Omega angebracht, direkt über der Darstellung des gefangenen Jesus, der mit Ketten an eine Säule gefesselt ist. Niemand, der die Kathedrale betritt, kommt daran vorbei. Mir als Steinbildhauer begegnet dieses Symbol sehr oft in der Grabmalkunst, ich habe es auch schon verwendet. Aber dieser Künstler hat eine Form gefunden, in der sich das Alpha nach unten im Omega spiegelt und umgekehrt das Omega nach oben im Alpha. Sie bilden eine deckungsgleiche Einheit. Alpha und Omega bilden also nicht nur quasi eine Klammer um Gott als Anfänger und Vollender der Schöpfung, sondern das Relief zeigt, dass beide eine Einheit sind. Diese Deckungsgleichheit stellt für mich sehr gut dar, dass Jesus derselbe ist, gestern, heute und in Ewigkeit.
Erich Schneider