Ein Bild von einem Vater
Alex Krutov, selbst als Waise großgeworden, kümmert sich seit über 20 Jahren um Waisen in Russland. Sie sollen erleben, dass sie etwas wert sind, dass sie eine Zukunft haben, weil Gott sie sieht und liebt.
Waisen haben häufig ein negatives Bild von sich und von der Welt. Sie tragen ein tiefes Gefühl der Ablehnung in sich. Aus diesem Grund verfallen viele von ihnen in selbstzerstörerische Verhaltensweisen – sie trinken, fluchen, rauchen, nehmen Drogen, werden früh sexuell aktiv. Oft aus Angst vor Ablehnung oder sogar Misshandlung durch Gleichaltrige, wenn sie nicht mitmachen. Doch sie sehen nicht, dass dieser Weg in die Finsternis führt.
Wenn wir mit ihnen über das Wesen Gottes sprechen, verstehen sie: Er ist ein liebevoller und fürsorglicher Vater. Wir alle sind seine Kinder, die er liebt und bedingungslos annimmt. Sein Wort erinnert uns daran, wie sehr er sich um die Schwächsten, um Witwen und Waisen und die Fremden kümmert, dass er sich für sie einsetzt: … wenn sie zu mir um Hilfe schreien, werde ich sie ganz sicher erhören. (2 Mo 22,22)
Für eine Waise kann es sehr schwer sein, Gottes Liebe zu begreifen und zu glauben, dass er wirklich fürsorglich ist. Ohne die Erfahrung durch Eltern, die Liebe, Schutz und Geborgenheit schenken, wirkt die Vorstellung von Gott als liebevollem Vater fern oder kaum greifbar. Viele Waisen stellen sich schmerzhafte Fragen: „Wenn Gott mein liebender Vater ist, wo war er in meiner Not? Warum musste ich so viel Leid und Schmerz ertragen?“ Sie fühlen sich ungeliebt, unerwünscht und schuldig – als seien sie selbst schuld daran, verlassen worden zu sein. Dieses Denken gebiert Angst, Bitterkeit und Selbstmitleid.
Vaterliebe entdecken
Wenn sie jedoch von Jesus Christus hören und begreifen, dass er Licht, Liebe, Reinheit und Mitgefühl ist, beginnt ein Prozess der Verwandlung. Sie erfahren, dass Gott sie so liebt und annimmt, wie sie sind – aufgrund seiner Agape-Liebe, jener göttlichen, bedingungslosen Liebe, die auch dann schenkt, wenn wir sie nicht verdienen. Wir von The Harbor setzen uns dafür ein, dass ein Waisenkind zu verstehen beginnt, was Vaterliebe wirklich bedeutet. Dass sie dazu geschaffen sind, Gott zu ehren und ihm zu dienen. Dann können sie sich aus der Opferhaltung lösen, lassen das Selbstzerstörerische hinter sich – und ihr Leben beginnt, im Licht des Herrn zu leuchten.
Ein erstes äußeres Zeichen ist oft etwas scheinbar Einfaches, aber Tiefes – ein Lächeln, das echte Freude ausstrahlt. Diese Freude gründet nicht in äußeren Umständen, sondern in Gottes Gegenwart. Der „Waisen-Geist“ verliert seine Macht, und ein Gefühl der Zugehörigkeit wächst heran. Gottes Friede durchdringt ihr Herz, und seine Liebe wird spürbar. Angst verliert ihren Griff, und Selbstmitleid verschwindet, wenn der Glaube fest in der Wahrheit verankert ist, dass wir niemals allein sind.
Mein Leben ist ein Wunder
Den Kindern in The Harbor erzähle ich oft meine Lebensgeschichte. Ich erzähle, wie mein Leben aussah, bevor ich den Herrn kannte, und wie alles neu wurde, nachdem ich ihn angenommen hatte. Wenn ich als ehemalige Waise auf meine Kindheit in den Waisenhäusern der Sowjetunion, aber auch auf mehr als 32 Jahre seit der Begegnung mit Christus zurückblicke, erkenne ich, welch ein Wunder mein Leben ist. Ich hätte tot sein können – doch Gott hatte einen Plan für mich. Ich hätte verloren oder geisteskrank sein können – doch Gott heilte meinen Verstand. Ich hätte scheitern können – doch ich wurde zum Koch ausgebildet und erwarb später ein Diplom in Betriebswirtschaft. Ich hätte im Schmerz leben können – doch ich erfuhr Freiheit. Ich hätte im Zorn vergehen können – doch ich fand Frieden.
Was ich hier bezeuge, gilt nicht nur für mich, sondern für alle Waisen, die die Liebe und Verwandlung unseres himmlischen Vaters erlebt haben. Ich glaube fest: Es gibt nichts, was unser Gott nicht heilen oder wiederherstellen könnte, doch wir müssen die Heilung, Erlösung, Freiheit und Verwandlung annehmen, die er uns bietet. Dieses Geschenk ist für alle da.
Vaterliebe lernen
Ich war immer offen für die Ehe und hatte Gott gebeten, mir eine Frau zu schenken. Vor acht Jahren hat Er mein Gebet erhört und Amy in mein Leben gebracht. Heute haben wir zwei Söhne und zwei weitere Kinder im Himmel.
Da ich selbst in einem sowjetischen Waisenhaus aufgewachsen bin, hatte ich nie gute Eltern erlebt. Doch die verwandelnde Kraft von Gottes Liebe hat in mir eine große Leidenschaft für Kinder geweckt. Als unser erster Sohn Levi geboren wurde, war mein Herz von tiefer Liebe erfüllt, und ich fühlte mich überaus gesegnet. Ich glaubte, gut auf meinen Sohn vorbereitet zu sein, doch ich stieß auf Herausforderungen. Geduld spielte dabei eine große Rolle. In meiner Kindheit kämpfte ich oft mit Ungeduld, Sturheit und einem aufbrausenden Temperament. Als ich mich um Levi kümmerte, der viele meiner Charakterzüge teilt, erkannte ich, dass es Bereiche in mir gibt, an denen ich noch arbeiten muss. Ich mache die Erfahrung, dass wir mit Gottes Hilfe unsere Schwächen überwinden und gute Eltern werden können.
In den letzten zwanzig Jahren habe ich viel über meinen Heilungsweg nachgedacht, und dabei hat Gott mir etwas Tiefes offenbart: Die Heilung, nach der ich mich sehnte, hat Er mir in überreichem Maß geschenkt, so dass ich heute selber Vater sein kann. Ich sehe darin eine wunderschöne Reise, die noch lange weitergeht.