
Wenn du es genau wissen willst
Daniela Mascher fragt nach 20 Jahren nach
Daniela: Hast du je bereut, mich geheiratet zu haben?
Konstantin: Bereut nie, mir aber schon gelegentlich überlegt, wie es wäre, nicht mit dir verheiratet zu sein. Den Gedanken, dass das Leben anders, vielleicht an manchen Stellen auch einfacher gewesen wäre, kenne ich schon. Wir haben es einander nicht immer leicht gemacht. Warum fragst du?
D: Wenn ich an Hochzeit denke, sehe ich immer den ganz großen Horizont. Von Adam und Eva, die Gott einander zugeordnet hat, bis zur himmlischen Hochzeit am Ende der Offenbarung – da zieht sich eine große Wertschätzung der Ehe durch die Bibel. Bestimmt hat Jesus nicht zufällig in Kana sein erstes Wunder vollbracht und Wasser in Wein verwandelt. Die Ehe muss etwas Großartiges an sich haben. Das hilft mir ganz praktisch, wenn es mal schwierig ist. Wir waren ja erst 22, als wir geheiratet haben.
K: Mitten im Studium. Ein einschneidendes Erlebnis, und schön! Du bist auf jeden Fall die Richtige für mich. Aber was ich heute an dir liebe, hat mehr mit unserer gewachsenen Beziehung zu tun als mit meiner damaligen Motivation und Verliebtheit! Gut, wir sind uns in den wichtigen Fragen des Lebens einig, denken ähnlich über Ehe, über Erziehung. Bei der Wohnungsgestaltung gibt es zwar Unterschiede, aber ich möchte gerne mit dir – so wie du bist – alt werden.
D: Hättest du dir vorstellen können, gar nicht zu heiraten?
K: Ich war so jung, ich hatte mir nie Gedanken über eheloses Leben gemacht. Aber angenommen, du wärst nicht mehr da, ich weiß nicht, ob ich nochmal heiraten und mit einer anderen Frau von vorne anfangen wollte. Ich finde, unsere zwanzig gemeinsam erlebten Jahre waren so gut. Und du, bist du zufrieden mit mir?
D: Du tust mir sehr gut durch die Art, wie du das Leben angehst, ich erlebe dich als zuversichtlich, optimistisch, humorvoll, standfest, das gleicht mich aus.
K: Okay, und was ist schwierig?
D: Wenn du mal richtig sauer bist, knallst du mit Türen, redest aber nicht. Du reagierst sehr stark, aber du bleibst stumm. Das passiert zwar selten, erschreckt mich aber doch. Es ist auch schade, dass du dich zu Hause so schlecht entspannen kannst. Du musst immer was machen, Sport oder aufräumen, einfach gemütlich sitzen, geht nicht. Außerdem ist es für mich gefühlt so, dass du jede freie Stunde mit Bierbrauen zubringst (schmunzelt) …
K: So ganz stimmt das nun auch wieder nicht. Abends machen wir doch meistens einen gemütlichen Abendschluss. Doch im Grunde hast du recht, ich beschäftige mich gern. Wenn ich aufräume, dann sortiere ich mein Leben und wenn ich Sport mache, rüttelt sich so manches zurecht. In meinem Leitungsamt vermisse ich die praktische Arbeit. Ich bin ein Mensch, der gerne handwerklich tätig ist. Bierbrauen entspannt mich, denn es gibt feste Schritte, denen ich folgen kann. Außerdem erzeuge ich etwas, das ich in der Gemeinschaft auch verschenken kann. Mir tut es richtig gut, eine Tätigkeit im Leben zu haben, die nichts mit dem Beruf zu tun hat.
D: Und das ergänzt nicht irgendwie etwas, das dir in unserer Ehe fehlt?
K: Nein! Aber willst du wissen, was ich an dir schwierig finde?
D: Ich stelle die Fragen! Also: An welchen Tagen fällt es dir schwer, mit mir verheiratet zu sein?
K: Das eine sind eher Lappalien … wenn die Wohnung im Chaos versinkt und alles auf dem Boden rumliegt und …
D: (empört) Die Wohnung versinkt nicht im Chaos, ich habe einen geordneten Haushalt!
K: Ja, die Fluchtwege sind frei … aber die Zettelwirtschaft in der Küche!
D: Das sind Stundenpläne, Listen, gute Sprüche und Gemälde der Kinder.
K: Ja, nur muss man damit die Küche zuplakatieren? Aber bitte, das ist dein Arbeitsgebiet. Das andere ist: Du hebst so viele Sachen auf. Ich schmeiße die am liebsten einfach weg …
D: … und ich suche sie nach einem halben Jahr wieder.
K: Richtig, aber du hast sie bis dahin nicht gebraucht und wirst sie in den nächsten fünf Jahren nicht brauchen, denke ich mir dann!
D: Das habe ich dir meistens verziehen.
K: Stimmt, sehr gnädig. Schwerer fallen mir deine dunklen Phasen, wenn du die Welt retten willst und merkst, dass das nicht so einfach ist. Ich denke dann, wir haben es so gut, was will sie denn?
D: Ja, da tut mir der Konstantin gut, der fest steht wie eine deutsche Eiche und emotional nicht so leicht umzuschmeißen ist. Kannst du auch noch was Nettes über mich sagen?
K: Ich mag dich und ich will dich nicht anders haben. Du bist mit jedem Kind, das du uns geschenkt hast, hübscher geworden. Überhaupt, ich weiß gar nicht mehr, wie du vor 20 Jahren ausgesehen hast. Ich schätze auch deinen guten, nüchternen Umgang mit den Kindern, und dass du mir kein schlechtes Gewissen machst, dass ich so viel unterwegs bin.
D: Das stimmt, ich finde es nicht so schwer, dich für den „Außendienst“ freizustellen. Fällt dir noch etwas ein, das unsere Ehe stark macht?
K: Wir ziehen am gleichen Strang. Wir haben eine innere Ausrichtung, wir tragen gemeinsam eine Berufung in dieser Gemeinschaft. Wir haben im Gespräch einen kurzen Weg zueinander. Und wir können uns mit Geist, Seele und Leib aneinander freuen. Die leibliche Verbundenheit ist in den Jahren sehr gewachsen. Das weiß ich als Mann natürlich zu schätzen.
D: Ja, die leibliche Verbundenheit ist mir auch zunehmend wichtig, die gehört wesentlich dazu und hält uns auch zusammen. Und der Humor! Ich liebe es, mit dir über die ernsten Dinge zu feixen und freue mich über deine Lachfältchen.
K: Denkst du, dass das Elternsein uns hat weiter zusammenwachsen lassen?
D: Als die Kinder noch kleiner waren, haben wir überlegt, wie wir sie erziehen wollen und eine gemeinsame Linie gefunden. Ich konnte bei allem auf Rückendeckung von dir zählen, das war sehr hilfreich. Wir haben nicht gegeneinander gearbeitet, sondern uns gegenseitig aufmerksam gemacht oder korrigiert.
K: Ich war oft der Strengere, gerade bei den Mahlzeiten habe ich mehr eingefordert.
D: Ja, die Tischmanieren unserer Kinder haben wir dir zu verdanken. Jetzt genieße ich die Früchte davon.
K: Es ist uns beiden wichtig, dass sie sich auch selbstständig beschäftigen, spielen können. Wir haben darauf geachtet, Zeiten zu zweit haben.
D: Das war nicht immer einfach zu organisieren, hat sich aber ausgezahlt. Wir stammen ja aus ganz unterschiedlichen Kulturen, das hat zu manchem Redebedarf geführt, und wir brauchen diese Zeiten bis heute.
K: Richtig. Ich bin in Südafrika groß geworden. Nimmst du diesen Unterschied wahr?
D: Das ist eine Herausforderung an mich, aber auch eine Stärke von dir. Du schaust auf alles, was mir selbstverständlich scheint, von außen und kannst manches lockerer sehen. Du bist mit Schlangen, Dornen, offenem Feuer und gefährlichen Experimenten aufgewachsen – zu sehen, dass das gut gegangen ist, hat mich im Umgang mit den Kindern entspannt.
Einen Wunsch hätte ich noch, der ist bis heute unerfüllt geblieben. Ich würde so gerne Tango tanzen mit dir.
K: Wir haben sogar einen Kurs besucht, aber so richtig kommt das Projekt nicht in Schwung.
D: Tango zwischen uns klappt nicht so gut. Dafür fehlen die Räume oder auch die Gaben oder die Muße, es wird nicht so, wie ich mir das vorstelle. Aber das rührt an eine tiefere Sehnsucht, an etwas, das ich mit dem Tango verbinde und gestalten möchte. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, meine tiefsten Bedürfnisse vor Gott zu tragen und nicht zu erwarten, dass du sie stillst. Das klingt zwar sehr fromm, aber wenn du mir fehlst, wenn ich an meine Grenzen komme und dich bräuchte, dann habe ich immer noch die Stille und das Gebet und halte meine Schale dem Heiligen Geist hin.
K: Dafür erleben wir viel Kreistanz als Familie in der Gemeinschaft. Oder siehst du da Interessenkonflikte?
D: Zunächst viel Unterstützung. Ich habe greifbar nahe andere Eltern, aber auch Ledige als wohltuende Ergänzung. Es ist immer jemand da, mit dem ich reden kann und für unsere Kinder Gefährten zum Spielen – das ist sehr entlastend. Unser Leben ist voll, aber eigentlich unkompliziert.
K: Sicher merkst du, wenn ich abends die ganze Gemeinschaft mit nach Hause bringe, da ist uns eine gewisse Leichtigkeit verlorengegangen. Umso schöner, dass wir Kinder haben. Die Kleinen erden mich, und es ist auch schön, sich mit unseren Teenagern auseinanderzusetzen. Ich bin gerne mit unseren Kindern zusammen.
D: Es tut auch gut, mal wieder zu zweit auszugehen oder uns ein Ehewochenende zu gönnen. Ich denke, wir sind unter der Last auch gewachsen, sind gelassener und widerständiger geworden.
K: Ich bin jetzt seit fünf Jahren Prior der Gemeinschaft. Irgendwann endet die Amtszeit…
D: Irgendwann möchte ich weg aus Reichelsheim. Noch mal mit dir aufbrechen, Neues beginnen, z. B. in einer OJC-Auspflanzung.
K: Ja, ich glaube, das täte auch mir gut.
D: Abgemacht!