In diplomatischer Sendung

Religiöse Minderheiten brauchen eine Stimme

Während unserer Irakreise Anfang 2017 wurden wir immer wieder darauf angesprochen, dass die verfolgten religiösen Minderheiten neben der humanitären Hilfe besonders auf die Solidarität der Kirchen und die politische Unterstützung der deutschen Regierung und der EU angewiesen sind. Nur so kann perspektivisch ein versöhntes Leben in Frieden und Freiheit vor Ort gedeihen. Wir wurden gebeten: Bitte helft uns dabei! Zu diesem Zweck hat die ojcos-stiftung David Müller (Winnenden) hauptamtlich als Politikreferent für Religionsfreiheit angestellt. Seit 2017 engagiert sich die Stiftung im Norden des Irak.

Konstantin Mascher: Du bist seit Januar 2018 Politikreferent im Auftrag der ojcos-stiftung – wie kam es zu dieser Anstellung?

David Müller: Ich war auf der Suche, wie ich meine christliche Überzeugung politisch noch mehr in die Gesellschaft einbringen kann und die ojcos-stiftung war auf der Suche nach einem politischen Fürsprecher für Religionsfreiheit im Irak. Über persönliche Kontakte haben wir zueinander gefunden und Gott hat beiden Seiten diesen Weg bestätigt.

Was fasziniert dich an dieser Aufgabe?

Die Möglichkeit, mit einem christlich motivierten Thema auf nationaler und internationaler Ebene politisch Einfluss zu nehmen.

Was kann man sich unter der Aufgabe eines Politikreferenten vorstellen?

Er kommuniziert die politischen Anliegen seiner Organisation mit Parlamentsabgeordneten, politischen Entscheidern, Multiplikatoren, den Medien und der Öffentlichkeit. Man kann ihn auch als Fürsprecher oder Interessensvertreter bezeichnen.

Was qualifiziert dich für diese Aufgabe?

Ich bin seit ca. zehn Jahren ehrenamtlich politisch aktiv und habe verschiedene Ämter auf Bundes-, Landes-, Kreis- und Ortsebene. Außerdem war ich in den letzten sechs Jahren hauptamtlicher Geschäftsführer einer großen Partei in meinem Landkreis (Rems-Murr-Kreis). Dadurch bin ich mit politischen Gesetzmäßigkeiten und den handelnden Personen vertraut.

Ist christliches und politisches Engagement kein Widerspruch?

Gott hat uns berufen, in allen Gesellschaftsbereichen Salz und Licht zu sein (Mt 5,13-16). Biblische Vorbilder wie Josef, Daniel und Esther hatten nationale, politische Positionen und Einfluss.

Was ist das Ziel deiner Tätigkeit? Wie sehen die nächsten strategischen Schritte aus?

Die religiösen Minderheiten im Irak – dies sind vor allem Christen und Jesiden – sollen in Frieden und Freiheit leben können. Dazu ist es wichtig, dass Deutschland und die Europäische Union das Handeln der irakischen Regierung bei diesem Thema wachsam beobachten und positiven Einfluss nehmen. Zurzeit nehme ich aktiv Kontakt mit politischen Entscheidern wie Bundestagsabgeordneten und politischen Beratern auf, um deren Kenntnisstand zu erfahren und mich als Gesprächspartner einzubringen. Parallel dazu spreche ich mit Organisationen und Personen, die bereits vor Ort tätig sind sowie relevanten Personen in den Kirchen und im Bereich Religionsfreiheit. Anfang März werde ich eine Woche in den Irak reisen, um mir ein persönliches Bild von der Situation zu machen und eigene Eindrücke zu sammeln.

Warum beschränkt die ojcos-stiftung sich auf den Irak – woanders leiden Christen doch auch Verfolgung?

Ja, Christen werden woanders auch verfolgt und andere Länder muss man ebenfalls im Blick haben. Die ojcos-stiftung hat mit ihrer Projektarbeit im Irak einen Fuß in der Tür, und es gilt aus strategischen Gründen erst einmal in einem Land anzufangen. Ich freue mich über jede Unterstützung und Anregung: mueller@ojcos-stiftung.de