Dein König kommt!

Botschaft vom heruntergekommenen Gott

Alle Jahre wieder kommt das Christuskind – auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind. Alle Jahre wieder das gleiche Spektakel, so denken doch viele Zeit­genossen. Und in der Tat könnte man fragen: Ist Weihnachten noch zeitgemäß? Ist es denn mehr als ein ­Familienfest mit fetter Gans und leckerem Wein, mit gefühligen Liedern und dem Versuch, in diesen Tagen Streit möglichst zu vermeiden? Ich will Sie auf einen Weg mitnehmen, der ganz woanders beginnt. In die Zeit des Alten Testaments und seiner Propheten. Nicht nach Bethlehem, sondern nach Ninive. Gut 700 Jahre vor Jesu Geburt war das die Hauptstadt des großen und überaus mächtigen assyrischen Reiches.

Weihnachten erinnert an den barmherzigen Gott

Es ist jenes Ninive, zu dem einst Jona gesandt wurde. Der, der von Gott beauftragt wurde und diese Sendung als Himmelfahrtskommando betrachtete, … der floh und von Gott eingeholt wurde, … der sich dann doch hat senden lassen … und der eine Erweckung erlebt hat: Die Menschen von Ninive wenden sich Gott und seiner Barmherzigkeit zu und werden verschont. Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie umkehrten von ihrem ­bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat’s nicht (Jona 3,10).

Weihnachten erinnert an den ernstzunehmenden Gott

Leider war dies nicht das Happy End der Geschichte Ninives. Rund eineinhalb Jahrhunderte später schickt Gott den Propheten Nahum ins Rennen. Die Situation in Ninive hatte sich wieder zum Schlechten gewendet. Macht und Glanz waren immer noch in der Stadt. Aber innerlich – geistig-geistlich-ethisch – war sie ausgehöhlt. Oder in einem biblischen Wort gesagt: gottlos. Nahum musste nun das nahe Ende dieser prächtigen Stadt ankündigen: Der HERR ist geduldig und von großer Kraft, doch ungestraft lässt er niemanden (Nah 1,3). Im Jahr 612 hat sich dies erfüllt und spätere Geschichtsschreiber schildern den Niedergang ganz so, wie ihn Nahum prophezeit hatte. Rolf Rentdorff schreibt: „Im Buch Nahum wird vom Anfang her deutlich gemacht, dass Ninive nur Repräsentant und Bespiel der gegen Jhwh gerichteten Mächte ist und dass ihm als dem Schöpfer der Welt keine dieser Mächte widerstehen kann.“1 Der barmherzige Gott ist eben auch einer, mit dem man nicht spielen kann. Er ist ernst zu nehmen. Bis heute erinnert das Grab Nahums, das im nordirakischen Alqosh vermutet wird, an diese Tatsache.

Weihnachten erinnert an den suchenden Gott

Nun war Ninive zerstört und die Babylonier hatten die Macht übernommen. Hatten die Assyrer einst das Nordreich des Volkes Israel erobert und deren Menschen deportiert, war dies nun durch die Babylonier mit dem Südreich geschehen. Und nun kommt einer von Nahums Zeitgenossen im Prophetenamt ins Spiel, Jeremia. Trotz Exil weit davon entfernt, eine Resignations-Parole auszugeben, schreibt er den Deportierten ins Stammbuch: Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl (Jer 29,7). Der Gott der Bibel ist keiner, der schnell aufgibt. Und seien die Zeiten noch so chaotisch, noch so verdorben, noch so hoffnungslos für Gottesleute. Gott sucht, indem er die Seinen zur Hingabe zu IHM und zum Einsatz für die Menschen ihrer Zeit ermutigt. Auch die Frommen sollen nicht schnell aufgeben – sie sollen Mut und Hoffnung beweisen – und sie sollen Zukunft leben. Um ihrer selbst und um aller Menschen willen.

Weihnachten erinnert an den heruntergekommenen Gott

Wie kann das gehen? Der Wochenspruch zum Auftakt des Weihnachtsfestes, des 1. Advent, gibt das entsprechende Signal dazu: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer“ (Sach 9,9). Auch heute sieht es für Gottes Leute nicht immer rosig aus. Auch unsere Zeit ähnelt der Zeit Ninives frappierend. Dennoch gibt es bis heute keinen Grund für Resignation. Bleibend gilt: Suchet der Stadt Bestes! Zieht euch nicht zurück ins fromme Kämmerlein, bringt euch ein, mischt mit, sagt, was ewig währt. Mit jedem Adventssonntag wird dies deutlicher: weil euer König kommt, – im Kind in der Krippe, dem Mann am Kreuz, dem auferstandenen und wiederkommenden Herrn Jesus Christus –, weil der immer und immer wieder in unserer Welt ankommt, deshalb: Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht (Lk 21,28 | 2. Advent). Und mit erhobenem Haupt: Bereitet dem HERRN den Weg; denn siehe, der HERR kommt gewaltig (Jes 40,3.10 | 3. Advent). Schließlich gilt für solche: Freuet euch in dem HERRN allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe! (Phil 4,4.5 | 4. Advent). Dies alles gerade deshalb, weil Weihnachten den zu uns Menschen heruntergekommenen Gott feiert: Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir ­sahen seine Herrlichkeit (Joh 1,14 | Weihnachtsfest).

Die Zeiten mögen sein wie sie sind. Gott aber ist zu allen Zeiten wie er ist: der barmherzige, ernstzunehmende, uns suchende und zu uns heruntergekommene Gott. Davon sollten wir uns anstecken lassen – und so, wie Gott für uns Menschen ist, mit all unserer Kraft für unsere Mitmenschen sein. Denn, wo Gott kommt, da ist Weihnachten alle Jahre wieder neu zeitgemäß! >>

Anmerkung:
1 Rolf Rentdorff, Das Alte Testament, Eine Einführung, S. 243

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