Weg-Gefährten. Eine neue Gemeinschaft gewinnt Gestalt

Ursula Räder – Christuszentriert leben, schöpferisch denken, gesellschaftlich handeln – dazu haben wir uns als OJC-Kommunität verbündet. Wir wollen uns offensiv einsetzen für Erneuerung in Kirche und Gesellschaft. Wir stehen zusammen für eine konkrete Lebenskultur auf biblischen Werten:

Dankbarkeit, Konfliktbereitschaft, Geschwisterlichkeit, Teilen, Gastfreundschaft, Transparenz, Mündigkeit, Einsatzbereitschaft, Feiern. Und wie wäre es, wenn noch viele andere im ganzen Land das auch wollten? Was könnte geschehen, wenn viele im ganzen Land sich dazu verbünden, miteinander und mit uns? Die tiefe Sehnsucht nach Wirksamkeit, Zugehörigkeit, Hingabe steckt in uns allen. Wir könnten viele Feuer der Liebe Gottes im ganzen Land entzünden und keiner müsste allein stehen wider das Dunkel unserer Zeit.

Gemeinschaft der „Weg-Gefährten der OJC-Kommunität“. Wie es anfing

Die Anstöße zu diesem Neuaufbruch kamen aus dem Kreis unserer Freunde und Ehemaligen. In Gesprächen miteinander gab es immer wieder die Aussage:

„Wir identifizieren uns mit dem Auftrag und der Lebenskultur der OJC, wir möchten das verbindlich mittragen und leben – aber wir können aus guten Gründen nicht nach Reichelsheim ziehen und in die Kommunität eintreten.“

Und daran anschließend die Frage: „Kann es auch verbindliche Zugehörigkeit zur OJC geben, wenn man nicht in der Kommunität lebt? Wie können wir offensives Christsein in unserem normalen Alltag umsetzen? Dazu brauchen wir Verbündete.“

Das ist die klassische Frage der sog. „Tertiär- oder Drittorden“, ein Begriff aus dem Bereich der klösterlichen Ordensgeschichte. Die Tertiärgemeinschaften, z. B. bei Franziskanern oder Dominikanern, entstanden aus der Absicht einzelner heraus, nach der Regel und Spiritualität eines bestimmten Ordens zu leben, obwohl sie durch ihre Lebensumstände am Eintritt in ein Kloster gehindert waren. Inzwischen gibt es auch bei evangelischen Kommunitäten und Gemeinschaften entsprechende Tertiärzuordnungen, z. B. bei der Christusbruderschaft Selbitz oder der Jesus-Bruderschaft Gnadenthal.

Besonders deutlich trat das Anliegen bei den Single-Frauen hervor, mit denen wir über Selbstverständnis und Themen des Ledigenstandes unterwegs waren. Bei einer Single-Urlaubswoche wählten 18 von 20 Frauen unter mehreren spannenden Themen speziell das Thema „Zugehörigkeit“ aus; dazu entstand zwei Jahre später ein ganzes Seminarwochenende, in dem es u. a. um Lebensgemeinschaft und Tertiärgemeinschaft ging.

Die Anfragen von außen trafen innerhalb der OJC-­Gemeinschaft auf offene Ohren, denn auch uns beschäftigte seit langem der Gedanke:

Wie können wir Ehemalige und Freunde unterstützen, die offensive Christusnachfolge in ihrem Lebensumfeld leben wollen, im Beruf, an der Uni, in den Gemeinden? Wie könnten wir der bereits bestehenden Verbundenheit zu Ehemaligen und Freunden eine erkennbare und zuverlässige Form geben?

Dazu entdeckten wir in unserer Grammatik folgende Ermutigung:
Großfamilie und Freundesnetzwerk: „Die Entwicklung und Vertiefung der Beziehung zu Menschen, die unseren Auftrag mittragen und geistlich verbindlich mit uns leben wollen, ohne der Kommunität beizutreten, ist kostbar und wünschenswert.“

Alle Zeichen stehen auf „GO“: Wir machen uns auf den Weg

In einer Spurgruppe nahmen wir die Fragen auf und suchten nach lebensmäßigen Antworten – gemeinsam: OJC-Gefährten zusammen mit Ehemaligen und Freunden. Denn von Anfang an war klar, dass das, was hier entsteht, nicht nur für die Freunde, sondern mit ihnen bedacht und erarbeitet werden soll. Partizipation war nicht nur eine Grundidee, sondern auch unsere Wirklichkeit.

Wir fingen ganz vorne an: Was ist der Sinn einer Tertiärgemeinschaft? Was heißt das in Bezug auf die OJC-Kommunität? Wozu soll es dienen? Was ist für beide Seiten lebbar und förderlich? Wie machen es andere ­Gemeinschaften und Kommunitäten?

Es folgte ein spannender Prozess über zwei Jahre: Online- und Präsenztreffen, angefüllt mit Gespräch, Austausch, Diskussion, Hinhören, Entwerfen und Verwerfen, Vorstellungen benennen, Erwartungen klären und schließlich am Ende ein Konzeptentwurf! Hurra!

Unterwegs war den OJC-Kommunitätsgefährten immer wieder vom Stand der Dinge berichtet worden. Nun wurde auch von dieser Seite mit Herz und Verstand der Konzeptentwurf und die dahinterstehende Wirklichkeit einer neuen Gemeinschaft geprüft, Verständnisfragen geklärt, Formulierungen präzisiert. Besonders wichtig wurde dabei, dass sich die Weg-Gefährten ausdrücklich aus Ledigen und Ehepaaren zusammensetzen sollten, und das gleich von der Gründung an. So wurde die Spurgruppe um ein Ehepaar aus dem Freundesnetzwerk erweitert.

Und dann kam der große Augenblick: am 29. März 2023 beschloss der Kommunitätsrat (alle in die Kommunität eingetretenen Gefährten) die Gründung der Gemeinschaft „Weg-Gefährten der OJC-Kommunität“ auf der Grundlage des vorliegenden Konzeptes.

Eine Win-Win-Situation

„Weg-Gefährten und Kommunität inspirieren sich gegenseitig.“ In diesem kleinen Satz aus dem Konzept steckt eine große Dynamik. Denn beide Seiten, Weg-Gefährten und Kommunitätsgefährten, haben in das neue verbindliche Miteinander Bereicherndes einzubringen, und beide Seiten haben einen Gewinn davon:

Wir Kommunitätsgefährten bringen ein, was uns aus dem gemeinsamen Leben zuwächst, z. B. an zwischenmenschlichen Kompetenzen, Konfliktfähigkeit, geistlicher Erkenntnis und Erfahrungen; all unser „Reichtum“ kann zu den Weg-Gefährten und über sie vermehrt in Gesellschaft und Gemeinden fließen. Was wir gewinnen, ist Horizonterweiterung über unseren kommunitären Tellerrand hinaus, dazu ein verstärkter Realitätsbezug, denn die Weg-Gefährten sind möglicherweise näher an den brennenden Fragen der Zeit und bringen uns damit spürbar in Kontakt.

Die Weg-Gefährten bringen ihre Erfahrungen aus dem normalen Alltag von Christen in unserem Land ein, die mit Ernst Jesus nachfolgen, ihre Fragen, Auseinandersetzungen und Antworten.

Sie gewinnen durch die verbindliche Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Weg-Gefährten die Kraft des Verbündetseins für ihre Nachfolge, den „Rückenwind“, Teil eines größeren Ganzen zu sein.

Jetzt wird es ernst

Das Fundament ist gelegt, nun kann gebaut werden. Tatsächlich hatte sich inzwischen herauskristallisiert, dass vier mutige Freunde willens waren, genau diesen Schritt zu tun: hinein in die verbindliche Zugehörigkeit zur OJC in der neuen Form der „Weg-Gefährtenschaft“.

So konnte am 30. September 2023 mit einer geistlichen Feier in der Schlosskapelle die Gründung der neuen Gemeinschaft vollzogen und die ersten vier Weg-Gefährten freudig in Empfang genommen werden.

Damit ist die Tür offen für weitere Interessierte. Schon die Vorstellung dieses neuen „Zweiges“ am diesjährigen Tag der Offensive wurde mit viel wachem Nachfragen und dem Wunsch nach mehr Information aufgenommen. Wir sind gespannt, was Gott aus diesem Anfang macht.

Konkret wird es nächstes Jahr mit zwei Basic-Wochenenden (08. – 10.3.2024 und 01. – 03.11.2024, Anmeldung über tagungen@ojc.de) als Angebot zur weiteren Information und Orientierung für alle, die für sich ein solches Verbünden erwägen.

Ursula Räder lebt seit über 25 Jahren in der OJC-Kommunität. Sie hat den Entstehungsprozess der Weg-Gefährten-Gemeinschaft intensiv mitgestaltet und begleitet.

Salzkorn 4 / 2023: Gefährten
⇥  Magazin bestellen oder PDF downloaden

 

Vorheriger Beitrag
Gut gegründet
Nächster Beitrag
Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Sie müssen den Bedingungen zustimmen, um fortzufahren.

Weitere Artikel zum Thema

Archiv