(W)erschöpft? Ökologie und Hoffnung | OJC

(W)erschöpft? Ökologie und Hoffnung (Editorial 2020/4)

Jeder meint, dass seine Wirklichkeit die richtige Wirklichkeit ist. 

 Hilde Domin

Liebe Freunde, 

treffen sich zwei Planeten.
Planet Erde hustet und schnieft.
Der andere Planet fragt: „Was hast Du?“
Planet Erde verschnupft: „Homo sapiens“.
Der andere erwidert gelassen: „Geht vorüber.“ 

Narrativ Corona

Es ist nun offensichtlich: Die Pandemie geht so schnell nicht an uns vorüber und wird sich als dominierendes Narrativ in die Geschichte, in unser Gedächtnis und vor allem in die Befindlichkeit der jungen Generation einprägen. Spannend wird die Frage, wie wir aus diesem mit Angst und Sorgen prägenden Narrativ wieder herauskommen? Welche Bedeutung geben wir als Christen diesem globalen Ereignis und was ist unsere ermutigende Antwort? 

Narrativ Klimawandel

Vor Corona bestimmten Klimaschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit die Agenda in Politik, Kirche und Gesellschaft. Nachdem sie während der Corona-Krise (und der Wahlen in den USA) ins Hintertreffen geraten waren, preschen sie nun punktuell wieder vor und werden bei einer Entspannung der Lage wieder Oberwasser ­haben. Die Meinungen darüber, ob und wie das Klima noch zu retten sei, gehen auseinander, auch unter uns herrscht da keine Einhelligkeit. Umso wichtiger ist es, dass wir üben, unterschiedliche Positionen in einen fruchtbaren und erhellenden Dialog zu bringen. Deswegen haben wir im vergangenen Sommer zu einer Studienwoche eingeladen, mit inspirierenden Referenten (S. 6, 9 u. 12) und wissbegierigen, engagierten jungen Erwachsenen, um unser ökologisches Blickfeld zu weiten und dem Schöpfungsauftrag aus Genesis 1 nachzuspüren. 

Gottes bleibendes Narrativ

Ein Fundament des christlichen Glaubensbekenntnisses: Gott schuf Himmel und Erde. ER schuf am Anfang, ER schafft im Heute und ER wird in Zukunft eine neue Welt und ein neues Jerusalem erschaffen. In den Kosmos setzte er den Menschen als sein Ebenbild – nicht als Parasit oder als Katastrophe, die hoffentlich bald vor­übergeht. Der Auftrag: Seid fruchtbar und ­mehret euch ist nicht aufgehoben. Es war der freie Liebes­wille eines personalen und souveränen Gottes, der uns in diesem Lebensraum eine Heimat auf Zeit schuf und ihn uns zur Kultivierung überließ. Dabei stehen wir in der Verantwortung, nicht nur den eigenen, privilegierten Vorgarten als Lebensraum zu erhalten, sondern auch den des globalen Nächsten nicht zu plündern oder zuzumüllen. Jede Maßnahme und jeder Versuch, diesem Anspruch gerecht zu werden, führt einen Schritt weiter – in dem Wissen, dass unser Verstehen bruchstückhaft ist, die Deutung komplex und unser Handeln widersprüchlich bleiben wird.  

Bewährter Auftragsmix 

Corona hat unsere Gemeinschaft stark ausgebremst. Gleichzeitig bewährt sich der breite Auftragsmix der OJC. Gästegruppen und Seminare müssen wir ­absagen, wir nutzen aber andere Möglichkeiten und Kommunikationskanäle, um unsere inhaltliche Arbeit weiterzuführen. Dazu gehört auch unser Leben mit der ­neuen Jahres­mannschaft (S. 24) und unser Engagement in der weiten Welt – sei es im Irak (S. 40), in Lateinamerika (S. 38) oder anderswo. Eure Solidarität und ­Gottes Fürsorge in den vergangenen Monaten haben uns ermutigt und lassen uns dankbar staunen. Wir haben unerwartet viel Zuspruch und Zuwendungen erhalten, das spornt uns zum gewissenhaften Haushalten und zu kreativen Aktivitäten an (Finanzbericht, S. 47).

Unsere Neuen sind da!

Wir konnten mit Verstärkung unserer Gefährtenschaft in das neue OJC-Jahr starten: Außer der Jahresmannschaft stießen Rebecca Fröhlich (31), Pia Holzschuh (28), Andreas (44) und Tabea (39) Hartmann mit ­Jannis (2) und Thomas Werner (58) zu unserer Reichelsheimer Formation. Wir freuen uns an ihren Gaben, Ideen und an ihrem tatkräftigen Anpacken. Sie verjüngen damit unser Team und füllen die durch den (aktiven) Ruhestand weiterer Geschwister entstehenden Lücken. 

Zukunftsfähig werden

Wir erleben hautnah, dass wir nicht über unsere Zukunft verfügen. Auch die Frage, wie unser 50-jähriges Werk in einer sich ständig verändernden und beschleunigten Zeit dynamisch und beweglich bleibt, fordert uns aufs Neue heraus. Der Gemeinschaftsforscher ­Michael Hochschild schreibt: „Ist aber die Gründungsphase einer Bewegung erst einmal vorbei, muss eigentlich jede anschließende Generation die Bewegung neu gründen, um sie als Bewegung in ihrer je eigenen Welt als neu zu empfinden und entsprechend zu handeln.“ Noch prägnanter und schlichter ­sagte es Horst-Klaus Hofmann: „Nicht kopieren, sondern ­kapieren!“ Der Gründungsauftrag muss in der Gegenwart immer wieder verlebendigt und das Gründungscharisma der Anfangszeit ins Heute übersetzt werden. Wir haben uns dazu im vergangenen Jahr, auch mithilfe externer Begleitung, neu verbündet. Uns stehen spannende und herausfordernde Weichenstellungen bevor. Dafür brauchen wir Euer Gebet! Im nächsten Salzkorn werden wir Euch Anteil an den generationsübergreifenden Umbrüchen geben, in denen Alte und Junge miteinander unterwegs sind. 

Advent – Leben in der neuen Kreatur

Schöpfungsgemäß leben – das heißt für die Kinder Gottes vor allem, als Zeugen der neuen Schöpfung zu leben, die in Jesus Christus begonnen hat. Wir haben darin einen doppelten Schöpfungsauftrag: Christus in diese Welt tragen – und diese Welt dem Wiederkommenden entgegentragen. Das können wir, ohne daran zu zerbrechen, weil wir wissen: ER TRÄGT UNS. 

Lasst uns in diesem Sinne – unbeirrt von allen viralen und mentalen Epidemien menschlicher Vermessen­heit und Verlorenheit – seinen Frieden empfangen und seine Freude verbreiten. 

Euer Konstantin Mascher

Reichelsheim, den 12. November 2020

 

Salzkorn 4 / 2020: (W)erschöpft? Ökologie und Hoffnung
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