Barometer und Permakultur. Studienwoche „Schöpferisch leben“ | OJC

Barometer und Permakultur – Studienwoche „Schöpferisch leben“

Erlebtes

Valerie Wolf – Habe ich eine Verantwortung gegenüber der uns von Gott gegebenen Schöpfung? Wenn ja, wie sieht diese aus? Wie groß muss mein persönlicher Beitrag zur Erhaltung der Schöpfung sein? Ist der Verzicht auf Autos, billige Lebensmittel und teure Reisen DER Weg, um unsere Erde vor ihrem Untergang zu bewahren? Was sagt die Bibel zu alledem? Mit diesen und vielen weiteren Fragen habe ich mich während der in diesem Jahr neu aufgelegten Studienwoche der OJC beschäftigt. Das Thema lautete „Schöpferisch leben“.  

Trotz der coronabedingt schwierigen Ausgangs­lage fanden im August zehn mutige junge Menschen im Hof des Reichelsheimer Europäischen Jugendzentrums (REZ) zusammen, um eine Woche lang ­sowohl theoretische Diskussionen als auch praktische Arbeitsein­sätze mitzuerleben und mitzugestalten. Das Programm war gefüllt mit Vorträgen mehrerer Referenten, Naturerkundungstouren, sportlichen Aktivitäten und ­etlichen kreativen Vertiefungen. 

Schon nach der Begrüßungsrunde bildeten sich die ersten Gesprächskreise und wir lernten uns näher kennen. Es kam immer wieder zu spannenden Debatten, in denen die in den Vorträgen angesprochenen ­Themen weiter diskutiert und vertieft wurden. Eine tolle Erfahrung, denn es zeigte, wie interessiert und engagiert alle Teilnehmer waren. 

Auf Tuchfühlung mit dem Schöpfer

Die Tage selbst begannen immer mit einem OJC-­typischen Morgengebet, das hinter der REZ-Kapelle im Freien stattfand. Der ein oder andere – mich eingeschlossen – blickte noch mit verschlafenen Augen in die morgendliche Runde. Das gemeinsame Frühstück war wie alle Mahlzeiten jeden Tag aufs Neue ein echtes Festmahl. Und das, obwohl es zu großen ­Teilen aus dem bestand, was uns an Lebensmitteln ­geschenkt worden war. Die ganze Woche über lebten wir nach diesem Foodsaving-Prinzip, bei dem überschüssige bzw. „abgelaufene“ Lebensmittel aus Supermärkten weiterverwendet werden. Wir hörten Vorträge von drei Referenten, von denen zwei per Video zugeschaltet waren. Besonders spannend fand ich den Vortrag von Dr. Andreas Rauhut, in dem wir darauf zu sprechen kamen, welchen Einfluss sowohl unsere Beziehung zu Gott als auch unsere Beziehungen untereinander auf den Zustand der Natur haben. Eingeprägt hat sich mir der Satz, dass „der Zustand der Natur ein Barometer dafür ist, wie gut es um uns Menschen und unsere Beziehung zu Gott steht“, und dazu der Verweis auf Hosea 4, wo genau dieser Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Menschen und der Verfassung der Umwelt beschrieben wird. 

Eine weitere äußerst spannende Frage war die, ob ­unsere Erde, so wie wir sie jetzt kennen, ­Rohmaterial für die Ewigkeit bildet oder ob sie gänzlich zerstört und eine ganz neue Welt geschaffen wird. Kontinuität oder Diskontinuität? Damit einhergehend fragten wir uns, wie groß unsere persönliche Verantwortung für die ­Erhaltung der Schöpfung ist. Nach mir die Sintflut oder Rettung um jeden Preis? Selbstverständlich ­waren wir uns nicht immer einig, aber genau das fand ich bereichernd, denn ich wurde – angeregt durch andere Meinungen und Argumente – herausgefordert, ­meine eigenen Überzeugungen auf ihre Standfestigkeit hin zu prüfen. Das ist zwar nicht immer einfach, denn man muss sich von Zeit zu Zeit Fehler eingestehen, aber dennoch zwingend notwendig. Nicht nur, um in öffentlichen oder politischen Debatten mithalten zu können, sondern auch, um den eigenen Lebensentwurf überzeugt leben zu können. Denn nur wer sich seiner eigenen Vorstellungen, Argumente und Beispiele ­sicher ist, sie auf ihre Nachvollziehbarkeit geprüft hat, kann diese auch selbstbewusst leben. So zumindest meine – auch in dieser Studienwoche bestätigte – persönliche Erfahrung. 

Am Nachmittag stand ein praktischer Teil auf dem Programm. Es wurde Brombeermarmelade gekocht, im Wald spazieren gegangen oder sich sportlich betätigt. Am Donnerstag warteten dann ganz besondere Einsätze auf uns. Eine Gruppe lernte in Reichelsheim das Prinzip der Permakultur näher kennen, die zweite Gruppe fuhr für einen Arbeitseinsatz in eine Gärtnerei in der Nähe von Heidelberg. Ich landete in einem Team, das alte Himbeersträucher auf den Kompost zu verfrachten hatte. Zu Beginn ging die Arbeit leicht von der Hand, aber nach dem Mittagessen stand für unsere Gruppe das Säubern des Gewächshauses auf dem Programm, was sich als deutlich anstrengender erwies als zuerst angenommen. Mit vereinten Kräften schafften wir es, alle Blätter aufzukehren, herumliegende Bretter aufzusammeln, Schläuche aus dem Weg zu räumen und so ein einigermaßen aufgeräumtes Gewächshaus zu hinterlassen. Auf der Rückfahrt machte ich mir bewusst, was ich von diesem Einsatz mitgenommen habe. Ich hatte ganz deutlich vor ­Augen geführt bekommen, wie vielfältig und ertragreich unsere Schöpfung ist. Dazu gehört aber auch die Einsicht, dass es einiges an Arbeit und Aufwand bedeutet, wenn man von ihr profitieren und sie dennoch pflegen möchte. 

Diese Erkenntnisse – geformt aus praktischer Erfahrung – gehören zu den Gedanken, die mich auch nach dem Ende der Studienwoche noch begleiten. Mir ist ­bewusst geworden, dass ich Gottes Schöpfung nur dann bewahren kann, wenn ich sie kennenlerne, sie wachsen und gedeihen sehe. Lange hatte mir der praktische Bezug gefehlt, Umwelt- und ­Klimadebatten waren mir oft zu theoretisch. Interessante Vorträge, praktische Tätigkeiten und natürlich der Austausch mit wunderbar geschaffenen Menschen – die ebenfalls ein fantastischer Teil der Schöpfung sind – ­haben mich in dieser Woche viel zum Nachdenken und auch Nachmachen angeregt. Für die Zukunft habe ich mir vorgenommen, die Umwelt um mich herum besser wahrzunehmen, auf Details zu achten und selber etwas anzupflanzen. Ich möchte am Ball bleiben und sowohl Schöpfer als auch Schöpfung Schritt für Schritt besser schätzen und lieben lernen. Um auf die Fragen vom Anfang zurückzukommen: Ja, wir haben eine Verantwortung. Ich habe eine Verantwortung – der ich gemeinsam mit anderen, aber vor allem mit Gottes ­Hilfe gerne auf vielfältige Art und Weise nachkommen möchte. 

Es ist unser christlicher Auftrag, die Schöpfung zu bewahren, und das wird nicht durch ökonomischen Rückschritt, sondern durch innovativ ökologischen Fortschritt möglich sein. – Claudio

In der Praxis schöpferisch handeln lässt den Wert der Schöpfung viel besser erfahren. – Franziska

Besonders hängengeblieben ist u.a. der Eindruck, dass der Mensch an sich sehr wohl in der Lage ist, ökologisch verantwortlich zu denken und nachhaltig zu handeln, aber auch, dass ihm dies ohne Beziehung zum Schöpfergott letzten Endes schwerlich gelingt. – Manuel

Es geht nicht darum, nur CO2-neutral zu sein und der Umwelt nicht zu schaden, sondern wir sollen die Umwelt fördern und ihr Gutes tun. Die drei Sektoren Wirtschaft, Selbstversorgung und das Kümmern um den Menschen müssen gleich gewichtet werden, um in der Zukunft bestehen zu können. – Susanna

 

Von Valerie Wolf

 

Salzkorn 4 / 2020: (W)erschöpft? Ökologie und Hoffnung
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