Schlicht und einfach – Und warum es so schwer fällt

„Weil einfach einfach einfach ist.“ So lautete der Werbespot eines Mobilfunkanbieters Anfang dieses Jahrtausends. Die Verheißung eines einfachen Lebens trifft den Menschen in seiner tiefen Sehnsucht nach einem besseren Leben. Arbeitet jede Generation nicht hart, damit die nächste Generation es einmal besser – einfacher haben wird? Lange Zeit erhoffte man sich genau das von einem Mehr an Geld, an Dingen. Technologischer Fortschritt und Wirtschaftswachstum galten als Garanten für eine bessere Zukunft, ganz ohne schwere Arbeit und Sorge um das tägliche Brot. Doch trotz der vielen Dinge, die einem das Leben heute erleichtern, und einem Genug an Nahrung und Kleidung, zumindest in der westlichen Welt, sind die Menschen nicht glücklicher und zufriedener geworden.

Was also tun?

Auf der Suche nach einem neuen Lebensstil mit alternativen Angeboten zur Konsumgesellschaft entrümpeln einige ihre Wohnungen und ihr Leben und entwickeln eine neue Art des „einfachen Lebens“.
Mittlerweile sind viele Menschen von den positiven Effekten dieses Lebensstils überzeugt, einige sind geradezu missionarisch unterwegs. Eine Google-Suche mit den Begriffen „Einfacher Lebensstil“ oder „Minimalismus“ produziert zahlreiche Artikel, die seine Vorzüge anpreisen. Von Stress- und Arbeitszeitreduzierung, Zeiteinsparung, Erhöhung der Flexibilität und der Kreativität und nicht zuletzt einem damit einhergehenden guten Gewissen ist die Rede. Die Umgestaltung des eigenen Lebens verspricht den ersehnten Sinn.

Man hofft, dass das Vorleben eines einfachen Lebensstils sich prägend auf das Konsumverhalten der gesamten Gesellschaft auswirken wird und dass mit einer erhöhten Nachfrage die doch sehr teuren Produkte, die zu diesem neuen einfachen Lebensstil gehören, für alle Teile der Bevölkerung erschwinglich werden. Momentan sieht es auch ganz so aus, als ob Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit sich zu einer gesellschaftlichen Bewegung und zu einem zentralen Wirtschaftsfaktor weiter entwickeln werden.

Und wir Christen?

Als Christen haben wir viele gute Gründe, uns über diesen neuen Trend zu freuen und ihn mitzugestalten. Die Bewahrung der Schöpfung und die Sorge um Gerechtigkeit werden uns in Gottes Wort aufgetragen. Schon die Gesetze im Alten Testament zum Umgang mit der Schöpfung und mit materiellen Gütern waren darauf ausgerichtet, gerechten Ausgleich zu schaffen. Die Propheten Israels beklagten nicht nur den Abfall des Menschen von Gott, sondern immer auch die daraus folgende Ungerechtigkeit und die Ausbeutung der Mitmenschen und der Natur (u.a. in Jes 1,23). Auch im Neuen Testament wird vielfach vor dem Anhäufen materieller Güter gewarnt und zum Teilen aufgefordert (Lk 16,19-31, Apg 4,32, Jak 5,1). Geht es um das, was Gott missfällt, sind Habgier mitsamt den negativen Folgen für Mitmenschen und Schöpfung immer mit dabei.

Für uns Christen ist also die Motivation eine andere. Nicht das leichtere und fröhlichere Leben als Selbstzweck steht im Vordergrund, denn ein mit tiefer Freude erfülltes Leben ist ein Geschenk Gottes, das man sich nicht selbst geben kann. Aus diesem Geschenk rührt die Motivation zur Weitergabe dessen, was man selbst von Gott empfangen hat. Das ist nicht immer einfach, doch wir dürfen Gottes Verheißung vertrauen: „Trachtet zuerst nach Gottes Reich und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles andere zufallen“ (Mt 6,33).

Was also tun?

Wo wir als Christen die Sorge um unser Wohlergehen in die eigene Hand genommen haben und mitschuldig an der Zerstörung der Umwelt und an der Ungerechtigkeit geworden sind, hilft nur eins: Umkehr. Und Hinwendung zu einem Lebensstil, wie Gott ihn uns durch sein Wort und das Beispiel Jesu lehrt. Die Last der Schuld wird uns abgenommen und wir erhalten Hilfe und Kraft, um durch unser Handeln zur Verbesserung dieser Welt beizutragen.

Wie die säkularen Vertreter des einfachen Lebensstils möchten auch wir Christen, dass unser Leben eine ansteckende Wirkung hat. Aber wir wissen, dass diese Welt nicht durch einen einfachen Lebensstil zu retten ist, auch wenn noch so viele diesen Lebensstil befolgen oder durch eine Veränderung in Politik und Wirtschaft dazu gezwungen werden. Wir tragen Verantwortung für die Schöpfung, aber erst durch die Neuschöpfung am Ende der Tage wird die Welt wieder ganz in Ordnung gebracht werden. Grundlage für einen einfachen Lebensstil aus christlicher Sicht ist daher die Vergebung unserer Schuld, die Freude an einer erneuerten Beziehung zu Gott und seiner Schöpfung und die Hoffnung, dass wir schon jetzt etwas zur Umkehr dessen, was durch menschliche Schuld an Zerstörung und Leid in diese Welt hineingekommen ist, beitragen können.

So einfach und doch so unendlich schwer ist das mit dem einfachen Lebensstil, denn einfach ist nicht so einfach, wie es sich viele und wir auch uns einfach wünschen.

Salzkorn 1 / 2023: Einfach leben
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